Mit Recht zum Praktikumserfolg
Für alle, die eine berufsbildende (mittlere oder höhere) Schule besuchen, ist die Absolvierung eines Pflichtpraktikums oft Teil der Schulausbildung. Ausmaß und Dauer sind dabei abhängig vom Schultyp und der Art der Ausbildung.
Wie der Name schon sagt, ist diese Art von Praktikum verpflichtend. Willst du den ersehnten Schulabschluss, kommst du daran also nicht vorbei. Pflichtpraktika sind in Lehrplänen einiger Schulen nun mal vorgeschrieben und sollen dein schulisches Wissen ergänzen.
Dafür hat so ein Praktikum aber auch einige Vorteile! Du kannst:
Nähere Infos zu Organisation und Ablauf von Pflichtpraktika bekommst du natürlich in erster Linie von deiner Schule. Aber auch die in unserer Linksammlung (siehe ganz unten!) aufgeführten Organisationen und Websites sind dabei sehr hilfreich!
Wir geben dir Recht:
In diesem Artikel zeigen wir dir vor allem die wichtigsten rechtlichen Aspekten von Pflichtpraktika, also alles Bedeutende, das mit Gesetzen zu tun hat. Denn vor lauter Aufregung und neuen Eindrücken werden diese oft nicht ausreichend beachtet. Aber gerade bei den ersten beruflichen Erfahrungen ist es wichtig, zu wissen was man darf, kann, soll und muss – oder eben nicht. Wir haben das Wichtigste für dich zusammengefasst:
Das österreichische Arbeitsrecht kennt das Wort "Praktikum" eigentlich nicht, sondern nur den Unterschied zwischen Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen. Ein Praktikum kann daher entweder ein Arbeitsverhältnis oder ein Ausbildungsverhältnis sein!
Du bekommst Geld? Dein Praktikum als Arbeitsverhältnis:
Hier ergeben sich die Rechte und Pflichten vor allem aus den entsprechenden arbeitsrechtlichen Vorschriften (wie zum Beispiel dem Angestelltengesetz, Kollektivverträgen etc.). Du erbringst deine Arbeitsleistung, genauso wie andere Angestellte auch und bist voll in den Betrieb eingegliedert. Dafür hast du beispielsweise auch das Recht auf angemessenen Lohn, bezahlte Krankenstandstage, Urlaub und andere Vorteile.
Du bekommst kein Geld? Dein Praktikum als Ausbildungsverhältnis:
Hier stehen das Lernen und das Kennenlernen des Berufes im Vordergrund. Dafür bekommst du kein Geld, aber im Gegenzug wird vergleichsweise auch nicht die gleiche Arbeitsleistung von dir verlangt, wie von anderen Angestellten.
Rechtlich betrachtet gibt es in diesem Fall einige Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, verglichen mit einem Arbeitsverhältnis:
Es ist kompliziert: Arbeitsverhältnisse können auch Ausbildungselemente zum Inhalt haben und umgekehrt können auch bestimmte Arbeitsleistungen im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen erbracht werden.
Welche Art Praktikum du absolvierst, hängt also wirklich von den ganz individuellen Umständen ab! Solltest du unsicher sein, wende dich am besten an eine geeignete Beratungsstelle (siehe Linksammlung unten!).
In jedem Fall wirst du eine Praktikumsvereinbarung abschließen.
Wenn du unter 18 Jahre alt bist, muss auch deine gesetzliche Vertretung (meist sind das deine Erziehungsberechtigten) unterschreiben.
Das sollte deine Praktikumsvereinbarung auf jeden Fall enthalten:
(die fett geschriebenen Inhalte sollten wirklich immer enthalten sein, die restlichen nur, wenn dein Praktikum ein Arbeitsverhältnis ist)
INFOBOX: Diese Angaben können auch auf einem sogenannten Dienstzettel gemacht werden!
Für Jugendliche gilt ein besonderer Schutz, wenn es ums Thema “Arbeiten” geht. Das heißt, wer unter 18 Jahre alt ist, hat erleichterte und sicherere Arbeitsbedingungen vorzufinden als Erwachsene. Wir erklären euch die wichtigsten Bestimmungen:
ARBEITSZEITEN
Die arbeitszeitlichen Regelungen gelten, unabhängig davon, ob es sich um ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis handelt!
Bis zu deinem 18. Geburtstag gilt eine maximale Arbeitszeit von 8 Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche.
Spezielle Regelungen gibt es in der Land- und Forstwirtschaft und privaten Haushalten.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann deine Arbeitszeit ausnahmsweise auf 9 Stunden am Tag und 45 Stunden in der Woche verlängert werden (z.B., wenn du dafür ein langes Wochenende oder dafür einen Fenstertag frei bekommst).
Vor- und Abschlussarbeiten
Manche Arbeiten müssen vor oder nach der tatsächlichen Arbeit erledigt werden (z.B. Reinigungstätigkeiten, Einschalten von Maschinen, etc.). Solche Arbeiten darfst du erst ab deinem 16. Geburtstag und auch dann nur in Ausnahmefällen erledigen. Auf jeden Fall darf deine Normalarbeitszeit dadurch nur um eine halbe Stunde ausgedehnt und dein Arbeitstag dadurch nicht länger als 9,5 Stunden werden. Außerdem musst du die Möglichkeit bekommen diese Mehrarbeitszeit am selben Tag, oder spätestens in der nächsten Woche, wieder in Freizeit einzutauschen.
Pausen
Jeder Mensch braucht mal eine Pause. Jugendliche müssen schon bei einem 4,5 Stunden-Arbeitstag für mindestens 30 Minuten eine einlegen! Bei längeren Arbeitszeiten muss dir spätestens nach 6 Stunden eine Pause ermöglicht werden.
Ob die Pause unbezahlt oder bezahlt wird, hängt von den jeweiligen Vereinbarungen im Betrieb ab.
Ruhezeiten
Diese Zeit zum Ausruhen steht dir zwischen dem Ende deines Arbeitstages und dem Beginn des nächsten Arbeitstages mindestens zu:
Achtung: Im Gastgewerbe gibt es eine Ausnahmeregelung: Hier müssen für 15- bis 17- jährige Personen die 12 Stunden Ruhezeit nicht innerhalb von 24 Stunden nach Arbeitsbeginn liegen!
Arbeiten in der Nacht?
Bis zu deinem 18. Geburtstag darfst du grundsätzlich ab 6 Uhr morgens und bis 20 Uhr abends arbeiten.
Doch auch hier gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel im Gastgewerbe, wo du ab 16 Jahren schon bis 23 Uhr nachts tätig sein darfst.
Arbeiten am Sonntag?
Vor deinem 18. Geburtstag darfst du an Sonntagen sowie an Feiertagen grundsätzlich nicht arbeiten.
Ausnahmen gibt es nur für spezielle Praktikumsplätze (wie z.B. Pflegeheime und Gastrobetriebe) oder zu bestimmten Anlässen, wie beispielsweise Arbeiten bei Musik-Events oder Theateraufführungen.
Überstunden
Alles, was über deine normale Arbeitszeit hinausgeht, ist eine Überstunde und wird mit einem Zuschlag von 50 Prozent entlohnt (in Form von Geld oder Zeitausgleich).
Überstunden darfst du aber erst ab deinem 16. Geburtstag machen.
Schreib mit, wie lange du immer gearbeitet hast und welche Tätigkeiten du verrichtet hast. Damit hast du schon einiges für die Dokumentation für die Schule gemacht und kannst auch überprüfen, ob dein Praktikum so läuft wie geplant!
Wie oben schon erklärt gibt es Praktika mit und ohne Anspruch auf Entlohnung.
Bei einem Praktikum als Arbeitsverhältnis hast du, genau wie alle anderen Mitarbeiter:innen im Unternehmen, Anspruch auf angemessenen Lohn, sowie auf Urlaubs– und Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen und dergleichen (je nach Branche und Betrieb). Manchmal werden Praktikant:innen auch eine Unterkunft und/oder Mahlzeiten beim Praktikumsplatz zur Verfügung gestellt.
Bei einem Praktikum als Ausbildungsverhältnis hast du keinen Anspruch auf Entlohnung. Oft wird aber trotzdem ein Taschengeld oder ähnliches vereinbart.
Bei einem Praktikum als Arbeitsverhältnis wirst du vom Unternehmen selbst bei der jeweiligen Sozialversicherung für die Dauer deines Praktikums angemeldet und damit unfall-, kranken-, arbeitslosen- und pensionsversichert (sofern dein Lohn über der sogenannten Geringfügigkeitsgrenze liegt: 2024 sind das € 518,44). Diese Anmeldung bekommst du in Form einer Kopie bestätigt.
Bei einem Praktikum als Ausbildungsverhältnis wirst du nicht extra versichert. Das heißt, entweder unterliegst du der Schüler:innenunfallversicherung oder bist bei deinen Eltern mitversichert.
Vor deinem 18. Geburtstag darfst du nicht in Betrieben mitarbeiten, deren Tätigkeiten vonseiten des Jugendschutzgesetzes für junge Menschen bereits verboten sind. Da sind beispielsweise Wettbüros, Sexshops, Bordelle, Glücksspielhallen usw.
Auch die Beförderung von hohen Geld- oder Sachwerten außerhalb des Praktikumsplatzes ist für dich tabu.
Außerdem darfst du nicht mit gefährlichen Stoffen in Berührung kommen (z.B. explosives Material) oder bestimmten physikalischen Einwirkungen ausgesetzt werden (z.B. gefährlichen Strahlungen).
Grundsätzlich darfst du keine Arbeiten übernehmen, die dich physisch oder psychisch überlasten können, deine Gesundheit irgendwie gefährden oder eine große Verletzungsgefahr bergen.
Vor deinem 16. Geburtstag sind aber auch bestimmte Arten von Arbeiten verboten. Wie z.B. Akkordarbeiten (also Tätigkeiten wie am Fließband, wo in kurzer Zeit sehr viel geschafft werden muss) oder Prämienarbeiten (wo nach bestimmter Stückzahl/Menge bezahlt wird).
Wenn dein Praktikum vorbei ist, solltest du noch auf ein paar Dinge achten:
Bei einem Praktikum als Ausbildungsverhältnis solltest du am Ende eine Praktikumsbestätigung bekommen. Außerdem musst du deine Aufzeichnungen und Berichte für die Schule aufheben.
Bei einem Praktikum als Arbeitsverhältnis bekommst du darüber hinaus deine Endabrechnung, die Abmeldung von der Sozialversicherung, eine Arbeitsbescheinigung, den Jahreslohnzettel und auf Wunsch auch ein Dienstzeugnis.
Das Thema Praktikum ist rechtlich sehr komplex und es kommt oft auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an.
Zögere daher nicht dich bei Unsicherheiten, Schwierigkeiten oder einfach Fragen vor, während oder nach deinem Praktikum an eine Info- oder Beratungsstelle zu wenden.
Wir von der Jugend:info NÖ sind gern für dich und deine Fragen da! Schreib uns ein Mail, ruf uns an oder komm zu unseren Öffnungszeiten vorbei!
Viele Links – viele Infos:
Die Website der Arbeitsinspektorate beinhaltet viele Detailinformationen zu den Rechten von Jugendlichen bei der Arbeit. Dort findet ihr auch alle Kontakte und Standorte der einzelnen Arbeitsinspektorate: https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Personengruppen/Kinder_und_Jugendliche/Kinder_und_Jugendliche.html
Checklisten und viele Infos rund ums Finden, Bewerben und die Zeit im Praktikum sowie danach findet ihr auch im Jugendportal: https://www.jugendportal.at/themen/arbeit-beruf/praktikum
Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft gibt Auskünfte über die Unterschiede der verschiedenen Arten von Praktika, sowie weitere Infos: https://www.bmaw.gv.at/Themen/Arbeitsrecht/Besondere-Arbeitsverhaeltnisse/Praktikum.html
Noch mehr Wissenswertes konkret zu Pflichtpraktika für Schüler:innen findest du auf der Website der Wirtschaftskammer: https://www.wko.at/einstellen/wissenswertes-pflichtpraktikum-schueler
Umfangreiche Informationen und Broschüren findet ihr auch auf der Website der Arbeiterkammer: https://www.arbeiterkammer.at/beratung/bildung/schule/Pflichtpraktikum.html
Das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz kannst du hier nachlesen: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008632
Alles zur Suche und rechtliche Infos zu Praktika im europäischen Ausland findest du hier: https://ec.europa.eu/eures/public/language-selection
Du brauchst weitere Infos zu Praktika in den EU-Staaten? Dann bist du hier richtig: https://eurodesk.eu/
JUGEND:INFO NÖ
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